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Marvin Steadfast 2016-05-23 10:26:14 +00:00
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@ -20,4 +20,8 @@ Die Stadt versucht viel um das Andenken an diese Zeit zu bewahren. Auch wenn wir
Wir verschwanden schnell hinter die nächste Tür zum Hauptwerk der Ausstellung. Wir verliessen die "Hall of Fame" und betraten "Midwest". Ein amerikanischer Verladeort, aufgefüllt mit Containern, inklusive Bodenbelag, Müll und Schlafplätzen für Obdachlose. Flackernes Industrielicht aus den Straßenlaternen und das Zirpen von Grillen. Betritt man dann das Innere dieser Containerstadt offenbart sich ein Autokino inklusive Snackbar. Gezeigt wird eine filmische Choreografie des Künstlers Julian Rosefeldt. So länger man dort umher wandert verliert man das Empfinden und fühlt sich als sei man durch die Schranktür in ein häßliches Narnia getreten. Man befindet sich nicht mehr im Inneren eines sonst so sauberen Whitecubes. Der feine Museumsboden zum Teil überbetoniert und mit Schotter überseht, so ist es kaum möglich mehr zu erahnen wo man sich gerade befindet. Die Container bilden eine Schlucht und türmen sich bis unters Museumsdach. Hinter der Autokinoleinwand ein falscher Sonnenuntergang. Weit in der Ferne, die Sonne fast nicht mehr sichtbar. Das Kino wirkt durch Spiegel so breit, das man nicht mehr an einen abgeschlossenen Raum denken kann. Selbst der Blick von der Empore macht die Szenerie surreal.
Der nächste Raumabschnitt im Stadtlabor heißt "Gallerie Nordhoff".
Der nächste Raumabschnitt im Stadtlabor heißt "Gallerie Nordhoff". Benannt nach dem wichtigen Vorstandsvorsitzenden in den 60er Jahren. In der wichtigsten Zeit Wolfsburgs. Die Zeit die den größten Wohlstand brachte und die Stadtlandschaft prägte mit ihren kleinen, spießigen Ein-Familien Häusern. Platz für 1 1/2 Kindern, Frau und Hund. Er war vielleicht wichtiger als jeder Bürgermeister der Stadt. Am Anfang diesen Ausstellugnsbereich wird ein kurzer Film aus der Zeit gezeigt. Er könnte den Familienalben meiner Großeltern entsprungen sein. Allesamt Arbeiter dieser Stadt. Kinderfotos meines Vaters vor den Hochhausanlagen. Dort liegen die Grundwerte und Familiengeschichten die diese Stadt ausmachen. Etwas an diesen alten Filmaufnahmen holt etwas tief vergrabenes in mir hervor. Eine mit Familie verknüpfte Melancholie. Etwas was mich meine Eltern in die Arme schließen lassen will. Noch mehr als sonst.
Ein Bild finde ich besonders beeindruckend. Heinrich Nordhoff steht erhoben auf einer Empore, nah in die Kamera blickend, hinter sich die versammelte Belegschaft des Wolfsburger Werkes. Aufgereiht die gesammte Straße lang.
In den nächsten Räumen beginnt die zeitgenössische Auseinandersetzung mit Wolfsburg. Ich überfliege viele Arbeiten. Ich schnappe einige Bilder und Textfetzen auf. Letzten Sommer, kurz nachdem ich wieder nach Wolfsburg gezogen bin, begann der Abgassskandal. Zu meinen allgemeinen Zweifeln kam auch noch dieses über dem Kopf hängende Schwert mit der Aufschrift "Dieselgate". Meine Dunkelkammer noch nicht aufgebaut, wollte ich meine ersten Bilder in der Innenstadt machen. Ich tue mir mit so einer Aufgabe schwer, aber es sollte einer Auseinandersetzung mit meinem gestörten Verhältnis mit meiner Heimat sein. In den Arbeiten der hier ausgestellten Künstlern fehlt mir der Bezug. Dies liegt vielleicht daran, das der Museumsleiter Wolfsburg eher als eine Extraktion des gesamten Landes sieht. Alles konnte ich an diesem Mittag nicht verarbeiten. Es sind zu viele Eindrücke die mich beschäftigen. Eindrücke die alle Stufen einer Emotionstabelle abdecken könnten. Oft gehe ich in Ausstellungen und bin danach über alle Ohren inspiriert oder auch bewegt. Diese Ausstellung mit ihrer Auflistung der Facetten und Geschichten der Stadt trifft mich ins Herz. Und das ziemlich hart und unvorbereitet. Und am Ende weiß ich immer noch nicht wie es in dieser Stadt weitergehen soll.