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Title: Ach Nürnberg
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Date: 2016-08-05 10:24
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Slug: ach-nurnberg
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Tags: nuernberg, essay
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Status: draft
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Unser erster Nachmittag in Nürnberg seit fast einem Jahr. Als letztes packten wir unsere letzten Sachen zusammen, putzten unsere Wohnung und übergaben unsere Schlüssel. Nürnberg war das erste mal von Zuhause wegziehen. Das erste mal lieben. Wir ließen es zurück um zurück zu kehren. Dorthin wo ich aufgewachen und geboren bin. Dorthin wo ich nie wieder leben wollte. Mein Herz schien zu verstummen als wir die Autobahn befuhren. Den Frankenschnellweg entlang und die letzten Meter im Stadtgebiet. Wir zogen in den Norden, wir zogen in ein Haus, unser Haus, und das Leben fuhr fort. Ich versuche jeden Tag mein Fernweh, und zugleich Heimweh, zu vergessen. Ich stelle mir Nürnberg vor, wie es eingefroren, unter eine Glasglocke da steht. Ohne mich nicht mehr lebensfähig. Und jetzt weiß ich, Nürnberg braucht mich nicht. Hat mich nie gebraucht. Die einzige Glasglocke ist die Glasglocke über meinem Kopf. Manchmal raubt sie mir die Luft zum atmen. Ich habe diese Stadt fast ein Jahr gemieden und hatte den utopischen, selbstheilenden, Plan nie wieder ihren Boden zu betreten. Nicht weil sie mich verletzt hat. Ich bin verletzt sie verloren zu haben. Nun machten wir uns gestern auf den Weg. Ein Hotel gebucht und auf die Autobahn. Als wir die Brücke der Frankenwald Raststätte unterfuhren tanzte mein Herz. Nur noch 90 Minuten. Wir fuhren Langwasser ab. Die Ausfahrt die 5 Jahre lang "Zuhause" bedeutete. Christine sagte: "Wir können um eine Stadt genauso trauern, wir um einen Menschen". Vorbei an dem Burger King mit dem abgeschlagenen Reichsadler. Dem chinesischen Restaurant, welches uns auch nach 23 Uhr Montags mit Tofu versorgte. Vorbei am Bäcker an dem wir unsere Sonntage verbrachten. Die Supermärkte die ich jeden Tag besuchte um mich mit frischer Cola Light auszustatten. Die Straße in der wir wohnten. Wir hielten Ausschau nach all den kleinen Veränderungen. Jede Baustelle und jedes Geschäft. Und es war wie jede andere Fahrt vom Dutzendteich in die Innenstadt. Das Hotel liegt am Bahnhof. Dort wo wir uns das erste mal gesehen haben. Dort hat sich damals alles für mich verändert. Wir checkten ein und gingen in die Stadt. Ich hielt mich an Christines hand fest. Durch den Bahnhof entlang der Vitrine, ein Ausstellungsort der Kunstakademie in Nürnberg. Ich erkannte die Gesichter der Obdachlosen auf den Treppen zum K4. Die Nacht war lauwarm, die Menschen um herum liefen mit ihren Smartphones vor den Gesichtern herum. Pokemon Go.
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Wir hatten Hunger und sahen das Istanbul. Das beste türkische Restaurant in dem ich je gegessen habe. Ich brauche mir nicht einzubilden das ich hier immer noch wohne. Seit ich den Bahnhof verlassen habe und meine tägliche Route in Altstadt betrat, war ich immer noch da. Würde ich nach Hause gehen wollen, würden wir die Straßenbahn Richtung Dokumentationszentrum nehmen, eine halbe Runde um den Dutzendteich laufen, die Menschen im Biergarten sehen, die Liebespaare am Ufer, die thematisch dem Reichsparteigelände angemessenen Hochzeitsfotoshootings, die Alkoholiker am Imbißstand. Dann würde ich die Haustür aufsperren, zwei Stockwerke überwinden und unseren Kater davon abhalten die Treppe Richtung Haustür hinunter zu steigen. Wir setzten uns nach draussen um die Wärme des aufgeheizten Innenstadt Asphalts zu genießen. Hummus und einen Bauernsalat, so wie immer. Mir fielen die Menschen auf, die ihre Blicke nicht von den Handys lassen konnten. Türkische Nachrichten und kein Pokemon Go. Ein Putschversuch des türkischen Militärs. Eine Nacht vorher der Terroranschlag auf eine Menge Menschen die nur das Feuerwerk zum Nationalfeiertag bestaunen wollten. Die BILD würde titeln: "Der Fluch wenn Christine und Marvin auf Reisen gehen". Ende letzten Jahres, als wir gerade im Hotel in München angekommen waren, Terroristen zeitgleich Menschen in Paris erschossen. Unser geliebtes Paris. Wir lagen die ganze Nacht wach und lauschten Deutschlandfunk als wir erschöpft von der Fahrt, unsere Hände haltend, einschliefen. Oder im Frühling, wir waren gerade in Paris angekommen, beim Anziehen um als peinlicher Tourist die Straßen der Stadt zu betreten, um von einem Leben in dieser Stadt zu träumen, das Attentat in Brüssel. Nun also wurde unsere Rückkehr mit einem und einen Militärputsch kommentiert. Wir hatten uns rausgesetzt. Ich wollte die Stadt mit ihren Menschen sehen. Ich fühlte mich unsichtbar. So wie die Menschen an uns vorbei zogen, es wirkte alles unantastbar passiv auf mich. Wie ein Theaterstück, das nur für uns aufgeführt wurde, bei dem wir nur die Zuschauer waren und vor einem Jahr aufgehört haben daran teilzunehmen. Wir aßen unseren Hummus, den Bauernsalat mit warmen und wunderbar weichen Fladenbrot. Als wir bezahlten fragte Christine die Bedienung ober schon gehört habe was gerade in der Türkei passiert. Er antwortete trocken "Erdogan muss sterben". Wir nahmen uns an die Hand und gingen durch die erleuchtete, freitägliche Stadt. Hinunter zur Pegnitz. Die Temperatur war wunderbar mild und die Teenager waren auf dem Weg in die Disco, oder halt dort wo junge Menschen halt so hingehen. Selbst als ich jung war, wußte ich nie wo das war. Meine Augen fielen fast zu, mein Gehirn schwer, herrenlos eingetaucht in einen See aus einer Melange aus alten Eindrücken, vergangenen Situationen, fest eingebrandt, und der Erkenntnis das Nürnberg gleich geblieben war. Im Hotel schliefen wir zu den Live-Berichten aus Istanbul ein. Ich traute mich nicht den Fernseher auszuschalten.
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Der Plan war all unsere Lieblingsorte zu sehen. Natürlich dezimierte sich die Liste auf einen geografischen Bereich. So hatten wir die Chance viel zu sehen. Was akribisch klingt war eine Vorsichtsmaßnahme um sich treiben lassen zu können. Die kleinen Orte und Plätze zu bereisen, die uns so am Herzen liegen. Meine Skepsis war riesig. Der Bäcker, an dem wir sonst öfters frühstückten, gab es nicht mehr. Ein kleines Detail auf unserer Reise. Ein Brötchen zu essen mit dem Blick auf den Spalt der zu dem neuen Museum leitet. Wir suchten weiter und gingen leicht widerwillig in einen anderen Bäcker in dem wir nicht sehr oft gegessen haben. Eine Prioritätenliste muss es geben, sonst spühlt uns unsere Nostalgie die Stadt hinunter.
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